DE → Wissenschaft → Ländervergleich
Ländervergleich
Die Länder
Frankreich
- Die autorité parentale (die elterliche Sorge bzw. wörtlich übersetzt die elterliche Autorität) wird gemeinsam und von beiden getragen.
- Seit Lancierung des Gesetzes im März 2002 wählen die Eltern, ob der Aufenthaltsort (genannt résidence) der Kinder ausschliesslich bei einem Elternteil ist oder abwechselnd stattfindet (sogenannt en alternance).
- Der Richter kann auf einen Antrag hin, die Dauer des "abwechselnden Aufenthalts" (résidence en alternance) provisorisch festlegen und dann zu einem späteren Zeitpunkt einen definitive Aufenthaltsort festlegen (wiederum abwechselnd oder fix bei einem Elternteil). (Art. 373 - 2 - 9 Code civil).
- 2005 waren es 10,8 % der Kinder, die von einem alternierenden Aufenthalt bei ihren Eltern profitieren konnten, 78,3 % lebten ausschliesslich bei ihrer Mutter und 10,3 % beim Vater.
- 2004 wurde das Gesetz insofern erweitert, dass der Richter einen Mediator einsetzen kann, der bei der Vermittlung der Eltern weiterhilft und sie bei der Behebung von Konflikten unterstützt.
Quellen: Dr. Bea Verschraegen , "Zur Doppelresidenz – eine rechtsvergleichende Skizze", in: iFamZ (Mai 2009); Siehe auch http://www.doppelresidenz.at
Belgien
- In Belgien wird seit 1995 die "elterliche Autorität" (ouderlijk gezag, autorité parentale) grundsätzlich gemeinsam praktiziert.
- Seit Juli 2006 besteht die Option einer paritätischen Doppelresidenz, was so viel bedeutet wie eine "gleichmässig verteilte Beherbergung" (gelijkmatig verdeelde huisvesting, hébergement égalitaire). Das Gericht muss dies "vorrangig prüfen" (Art. 374§ 2 Abs. 2 Code civil). Ausgangspunkt ist: Die Eltern üben das Sorgerecht gemeinsam aus bzw. ein Elternteil stellt einen Antrag, wenn Uneinigkeit herrscht.
- Die Doppelresidenz beinhaltet, dass sich das Kind bei jedem Elternteil aufhält und zwar gleichverteilt und alternierend (verblijfsco - ouderschap). Die Zeiten werden durch das Gericht fixiert. Dennoch ist formell nur ein Hauptwohnsitz im Bevölkerungsregister notiert.
- Ob ein Kind ungleichmässig an einem Aufenthaltsort ist, wird aufgrund des Kindeswohl beurteilt. Die Bedürfnisse der Eltern werden berücksichtigt. Ebenfalls muss das Jugendgericht das Kind anhören.
Quelle: Dr. Bea Verschraegen , "Zur Doppelresidenz – eine rechtsvergleichende Skizze", in: iFamZ (Mai 2009)
England
- Die "residence order" legt Regeln für Personen fest, bei denen das Kind leben wird.
- Um die Gleichberechtigung der Eltern zu wahren bzw. zu festigen, wird ein "shared residence order" auch dann angeordnet, wenn das Kind häufiger bei einem Elternteil ist und sich sogar ein Elternteil widersetzt.
- Die "Shared residence" (gleichviel Zeit bei Vater und Mutter) wird immer mehr von Gerichten verfügt. Es wird überdacht, ob das Doppelresidenzmodell nicht automatisch für alle Eltern, die sich trennen zu beantragen sei.
Quellen: Spies, A. (2010): Das Doppelresidenzmodell nach elterlicher Scheidung – Akzeptanz in Österreich. Diplomarbeit, Universität Wien.
Dr. Bea Verschraegen, "Zur Doppelresidenz – eine rechtsvergleichende Skizze", in: iFamZ (Mai 2009); s. auch http://www.doppelresidenz.at
England::http://karenwoodall.wordpress.com/2012/04/15/shared-parenting-preparing-for-the-road-ahead/
Flandern
Ergebnis der aktuellen Untersuchungen zu Trennung / Scheidung in Flandern
- Vor 1995 sah die Betreuungsregelung wie folgt aus: 6,8 % der Kinder hatten eine paritätische Doppelresidenz (33-66% der Zeit bei je einem Elternteil)
- Nach 1995 hatten 21,1 % der Eltern das gemeinsame Sorgerecht
- Ab August 2006 sind 27,1 % der Kinder je gleichviel bei Vater und Mutter
- Im Alter von 5-12 Jahren sind 4 von 10 Kindern hauptsächlich bei der Mutter, bei den Jugendlichen ist einer von zehn meistens bei der Mutter, lediglich 1 von 5 Kindern ist mehr beim Vater.
- Im Alter von 12 Jahren und älter ist eines von 5 Mädchen und bei den Jungen einer von 4 ca. zwischen 33% und 66% meistens aber 50/50 der Zeit bei beiden Elternteilen. Ein Jugendlicher von 3 lebt in einer Doppelresidenz Voraussetzung dafür: Die Scheidung verlief friedlich.
- Meistens wechselt das Kind am Freitag- oder Sonntagabend bzw. am Montag nach der Schule von einem Elternteil zum anderen. Vorteil davon ist, die Eltern begegnen sich so unter Umständen nicht.
- Betreffend Konfliktpotenzial: Gestritten wird bei Doppelresidenz-Eltern gleich viel wie bei geschiedenen Eltern.
Quelle: Jan Piet de Man; s. http://www.divorceinflanders.be/index.php?pg=526#Co-ouderschap
Italien
- JOINT CUSTODY: THE INTEREST OF THE CHILD IN DIFFERENT FAMILY STRUCTURES The current position regarding assignment of domicile of the children of separated couples Vittorio Vezzetti, Pediatrician ASL Varese, Scientific Officer of the Italian National Association of Family Professionals. FIRST ITALIAN SCIENTIFIC ARTICLE ON ASSIGNEMENT OF CHILDREN’S DOMICILE WHEN PARENTS DIVORCE. OFFICIAL JOURNAL OF THE ITALIAN SOCIETY OF PREVENTIVE AND SOCIAL PEDIATRICS. 3-2012
Interview: http://www.youtube.com/watch?v=c-tHjLpmDVI
Quellen: Italien: http://www.svpartei.org/smartedit/documents/download/rechtsratgeberin.pdf ; http://www.figlipersempre.com/i-progetti_1124178.html
Schweden
- In Schweden haben 82 % das gemeinsame Sorgerecht nach einer Trennung, PDR gesetzlich möglich
Schweden: Diplomarbeit A. Spiess;
Tschechien
- Seit Juni 2011 ist die gemeinsame Obhut und die Paritätische Doppelresidenz automatisch Norm (Das Familiengesetz wurde damals mit 77 zu 64 Stimmen verabschiedet).
http://www.k213.cz/Novela-zakona-o-rodine-prijata-poslaneckou-snemovnou
Norwegen
- Das Gericht kann die Betreuung im Wechselmodell festlegen.
Dr. Gry Mette D. Haugen (Norwegian University of Science and Technology, Social Research AS, Trondheim): "Die Betreuung im 50/50-Wechselmodell und das Kindeswohl: Gesetzliche Regelungen, das Kind als sozialer Akteur und altersbedingte Schwierigkeiten"
Australien
- Seit Juli 2006 wird in Australien erstrangig die gemeinsame elterliche Sorge in Form des Doppelresidenzmodells praktiziert.
.
USA
- Rechtspraxis in den USA ist das "shared parenting" oder auch "joint physical custody".
- 43 Staaten anerkennen seit Anfang des 21. Jahrhunderts die Doppelresidenz als Möglichkeit für Kinder nach einer Scheidung.
- Als Regelfall wird in vielen Staaten (u.a. Kalifornien, Washington und Colorado), die gemeinsame elterliche Sorge bzw. die gleichmässige Unterbringung und Versorgung der Kinder nach einer Scheidung umgesetzt.
- Ca. 20 % der getrennten Eltern leben die Doppelresidenz.
Quellen: Spies, A. (2010): Das Doppelresidenzmodell nach elterlicher Scheidung – Akzeptanz in Österreich. Diplomarbeit, Universität Wien. Siehe auch http://www.doppelresidenz.at